EU-Fit for 55-Paket: Kommende Bundesregierung bei CO2-Nulldiät gefordert

Berlin, 14. Juli 2021. Die Europäische Kommission hat an diesem Mittwoch ihre Gesetzespakete zum Klimaschutz vorgestellt. „Der ,Fitfor55‘-Ansatz der EU-Kommission, mit einem Instrumentenmix an vielen Stellen gleichzeitig auf CO2-Diät zu gehen, ist richtig“, sagte Ulf Sieberg, Leiter des Berliner Büros des CO2 Abgabe e.V. „Der Weg zur CO2-Nulldiät ist aber noch sehr weit.“ Daher müssen sowohl beim Ziel als auch in den Bereiche CO2-Bepreisung, Handel, Verkehr und Landwirtschaft von EU-Parlament und EU-Rat nachgebessert werden. Aufgaben, um die sich die kommende Bundesregierung nicht drücken darf.

Mit umfangreichen Maßnahmen zum Klimaschutz will die EU bis 2050 klimaneutral werden. Die EU-Kommission schlägt dafür umfassende Änderungen für Wirtschaft und Verbrauchende vor. „Die Breite des Ansatzes und die Wahl verschiedener Instrumente ist der Größe der Aufgabe angemessen“, betonte Ulf Sieberg, Leiter des Berliner Büros des CO2 Abgabe e.V. „Wer aber von seinem CO2-Übergewicht runterkommen will, der darf nicht erst auf den letzten Metern seinen Hauptballast abwerfen, sondern muss von Anfang an und in allen Bereichen ambitioniert zu Werke gehen. Alles andere sei ungesund“, so Sieberg. Statt des bislang gesetzten Zieles, die Treibhausgase bis 2030 um 55 % zu reduzieren, sind laut Wissenschaft mindestens 65 % erforderlich, um die Lebensgrundlagen zu erhalten. „Die kommende Bundesregierung muss sich deswegen für mehr Ambition und die Konkretisierung der Maßnahmen einsetzen, forderte Sieberg.

Ausweitung des EU-Emissionshandels kein Selbstläufer

Eines der Leitinstrumente soll der Europäische Emissionshandel (EU-ETS) werden. Die Kommissionsvorschläge sehen vor, die Verschmutzungsrechte für die Energieerzeugung und Teile der Industrie stärker zu begrenzen und den Handel auf fossile Brenn- und Kraftstoffe auszuweiten. „Eine Ausweitung des Emissionshandels auf Wärme und Verkehr sowie eine Neuordnung der Lastenteilungsverordnung kostet zu viel Zeit. Zeit, die die Klimakrise nicht lässt“ stellte Sieberg klar. Im ersten Schritt müsse daher ein CO2-Mindestpreis im bestehenden EU-ETS von mindestens 50 Euro eingeführt werden, forderte Sieberg. Eine Ausweitung sei frühestens ab 2030 realistisch. Zudem verwies Sieberg darauf, dass trotz des Einstimmigkeitsprinzips eine CO2-basierte Energiebesteuerung der wirksamere und schnellere Weg sei, da zwölf Mitgliedsstaaten bereits ein solches System hätten. Der soziale Ausgleich aufgrund unterschiedlicher Einkommen und Preise in Europa sei richtig. Allerdings könne auch ein Sozialfonds die drohenden Verwerfungen eines Handelssystems, bei dem sich die Preise am Markt frei bilden, anders als bei einer CO2-Mindestbesteuerung, nur in Teilen kompensieren.

Grenzausgleich für Grundstoffindustrie muss kommen

Sieberg begrüßte zudem die Vorschläge der EU-Kommission zur Einführung eines Grenzausgleichs: „Um die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Branchen zu schützen, muss am Grenzausgleich für Grundstoffe wie Stahl, Zement und Chemie festgehalten werden.“ Der beste Weg, diesen einzuführen, sei eine Abgabe auf das Endprodukt in Verbindung mit einer dynamischen Anpassung der Verschmutzungsrechte, wie ihn das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung vorschlage.

Verkehr und Landwirtschaft mit erheblichem Nachholbedarf

Erheblichen Nachbesserungsbedarf sieht der CO2 Abgabe e.V. in den Bereichen Verkehr und Landwirtschaft. Wie auch die neue Bundesregierung muss die EU den Rahmen für eine bezahlbare Mobilität und Landbewirtschaftung schaffen. „Ein europaweiter Umbau der Infrastruktur hin zu mehr Zug-, Nachtzug- und Güterverkehr auf der Schiene ist dafür die Voraussetzung“, betonte Sieberg. In der Landwirtschaft seien zusätzliche Instrumente wie eine kombinierte Tierwohl- und Emissionsabgabe auf tierische Produkte und Erhaltung sowie Schaffung natürlicher und künstlicher Kohlenstoffsenken.

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Ulf Sieberg, Leiter des Berliner Büros des CO2 Abgabe e.V. Tel. 0152 553 70 200, E-Mail Ulf.Sieberg@waehlbar2021.de