Wie viel Klimaschutz steckt im neuen Koalitionsvertrag?

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Hier ein kurzer Abgleich zwischen dem, was wir auf “Klimaschutz im Bundestag” in Form von 19 Maßnahmenpaketen (MP) von der nächsten Bundesregierung und dem Bundestag vorschlagen und dem was die Ampel-Koalition in Form des Koalitionsvertrags (KoaV) unter der Überschrift “Mehr Fortschritt wagen” angekündigt hat. 

MP1: Klimaschutz als Pflichtaufgabe rechtlich konkretisieren 

Die von uns geforderte Back-Stop-Regelung, also das Verbot des Inverkehrbringens fossiler Energieträger, hat es zumindest in rudimentärer Form in den KoaV geschafft. Die Genehmigung von fossilen Infrastrukturen wird nur noch unter der Auflage gewährt, dass sie ab 2045 nur noch mit nicht-fossilen Energieträgern betrieben werden (S.65). 

Auch der von uns geforderte Klimavorbehalt für alles Gesetzesvorhaben, hat es in abgeschwächter Form in den KoaV geschafft. Wir werden Klimaschutz zu einer Querschnittsaufgabe machen, indem das jeweils federführende Ressort seine Gesetzentwürfe auf ihre Klimawirkung und die Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen hin prüft und mit einer entsprechenden Begründung versieht (Klimacheck). (S. 55). 

Was die zivilgesellschaftliche Partizipation angeht, wird unserem Vorschlag nach dem Einsatz von Bürger*innenräten entsprochen:  Wir wollen die Entscheidungsfindung verbessern, indem wir neue Formen des Bürgerdialogs wie etwa Bürgerräte nutzen, ohne das Prinzip der Repräsentation aufzugeben. Wir werden Bürgerräte zu konkreten Fragestellungen durch den Bundestag einsetzen und organisieren. (S. 10) 

MP2 Für den Klimaschutz (aus-)bilden: In Beruf und Schule 

Der Fachkräftemangel als ernste Bedrohung für die Energiewende in Deutschland zur Kenntnis genommen: Der Mangel an qualifizierten Fachkräften in vielen Branchen kann eines der größten Hindernisse […] für das Gelingen der Transformation in Deutschland sein (S. 32). 

Es herrscht Einigung darüber, dass die Weiterbildung und auch die Neuqualifizierung unter Umständen auch in der Mitte des Berufslebens wichtige Elemente einer Wirtschaftstransformation sind. In diesem Zusammenhang beabsichtigt die künftige Bundesregierung ein Qualifizierungsgeld einzuführen, das ähnlich funktioniert wie das Kurzarbeitergeld, aber dafür gedacht ist, den Beschäftigten eine Ausbildung bzw. Fortbildung zu ermöglichen, ohne den aktiven Arbeitsmarkt zu verlassen. (S. 68). 

MP3 Bilanzierung der Treibhausgase durch die Lieferkette 

Deutschland hat mit 7% einen erheblichen Anteil am Welthandel (BMWi 2020). So haben Unternehmen in Deutschland erheblichen Einfluss über ihre ihre Lieferkette auf weit mehr als die territorialen Emissionen (ca. 2%). Als Grundlage dafür muss es eine verpflichtende Bilanzierung der Treibhausgase durch die Lieferkette geben. Im Koav wird in diesem Zusammenhang lediglich auf das europäische Lieferkettengesetz verwiesen. (S.34). Weder das deutsche noch der Entwurf für ein europäisches Lieferkettengesetz enthält verbindliche Vorgaben für Unternehmen zur Erfassung der Vorkettenemissionen und ein entsprechende Kennzeichnungspflicht für Produkte. 

Einige wichtige Regeln will man auf europäischer Ebene verankern: Wir schreiben höhere Recyclingquoten und eine produktspezifische Mindestquote für den Einsatz von Rezyklaten und Sekundärrohstoffen auf europäischer Ebene fest. (S. 42). 

Wichtige Elemente einer Kreislaufwirtschaft wie ein Verbot des Export von klimaschädlichen Produkten und die Einsparung von Verpackungsmaterial bzw. der Umstieg auf Biomasse-basierte Verpackungen fehlen jedoch.

MP4 Kreislaufwirtschaft: Der Weg aus den Müllbergen 

Dem Thema “Kreislaufwirtschaft” haben die künftigen Regierungsparteien einen ganzen Abschnitt gewidmet. 
Produkte müssen langlebig, wiederverwendbar, recycelbar und möglichst reparierbar sein. (S. 42). Die Lebensdauer und Reparierbarkeit eines Produktes machen wir zum erkennbaren Merkmal der Produkteigenschaft (Recht auf Reparatur) (S. 112). 

Siedlungsabfälle dürfen in Zukunft nicht mehr deponiert werden. Der Export von Abfällen wird stärker reguliert, so dürfen nur noch zertifizierte Recycling-Betriebe Abfälle exportieren (S. 43). 

MP5 Vom Straßen- zum Lebensraum – Straße kann mehr als Auto 

Eine der wichtigsten Forderungen aus Maßnahmenpaket 5 hat es in den KoaV geschafft: Wir werden Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung so anpassen, dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden, um Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume zu eröffnen. (S. 52). 

Was hingegen fehlt sind verbindliche Regeln, um die Anzahl der städtischen Parkplätze sukzessive zu verringern und die Parkgebühren sukzessive zu erhöhen. Auch die Ankündigung vom designierten Verkehrsminister Volker Wissing, dass er der Anwalt der Autofahrer sei, lässt erahnen, dass es noch viel Druck seitens der Zivilgesellschaft braucht, um wichtige Schritte einzuleiten. Der Satz “Wir wollen die nutzungsgemischte Stadt” (S. 92) ist zwar nicht sehr klar, aber wir hoffen, dass dahinter die Erkenntnis steckt, dass wir eine “Stadt der kurzen Wege” als neues städtebauliches Dogma brauchen. 

MP6 Bezahlbare und flexible Mobilität durch solidarisches Jahresticket, Routengenerator und Mobilitätskarte 

Der Vorschlag zu einem solidarischen Jahresticket hat es nicht in den KoaV geschafft. Die Grundlage für einen verkehrsmittelübergreifenden Routenplaner und ein einheitliches Bezahlsystem findet sich aber in folgendem Absatz wieder: 

Für eine nahtlose Mobilität verpflichten wir Verkehrsunternehmen und Mobilitätsanbieter, ihre Echtzeitdaten unter fairen Bedingungen bereitzustellen. Anbieterübergreifende digitale Buchung und Bezahlung wollen wir ermöglichen. Den Datenraum Mobilität entwickeln wir weiter. (S. 50) 

MP7 Fahrleistungsbezogene PKW Maut und Bundesmobilitätsgesetz 

Es scheint in der Ampelkoalition erkannt zu sein, dass der Bundesverkehrswegeplan in seiner jetzigen Form eine Belastung für Mensch und Natur ist und es besteht zumindest die Bereitschaft die beschlossenen Projekte auf den Prüfstand zu stellen. 

Wir streben einen neuen Infrastrukturkonsens bei den Bundesverkehrswegen an. Dazu werden wir parallel zur laufenden Bedarfsplanüberprüfung einen Dialogprozess mit Verkehrs-, Umwelt-, Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden starten mit dem Ziel einer Verständigung über die Prioritäten bei der Umsetzung des geltenden Bundesverkehrswegeplan. Bis zur Bedarfsplanüberprüfung gibt es eine gemeinsame Abstimmung über die laufenden Projekte. Wir werden auf Basis neuer Kriterien einen neuen Bundesverkehrswege- und -mobilitätsplan 2040 auf den Weg bringen. (S.48) 

Dennoch zeigt sich hier keine Bereitschaft, den gesamten Verkehrsbereich in Form eines Bundesmobilitätsgesetz auf eine solide und zukunftsfähige Rechtsgrundlage zu stellen.  

Des Weiteren ist die Ausweitung der Lkw-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen vorgesehen, was wir begrüßen. Kritisch hingegen ist die Einführung einer CO2-Komponente für die Lkw-Maut zu sehen. Die Externalitäten aus den Emissionen sollten weiterhin über den CO2-Preis auf den Treibstoff internalisiert werden und nicht durch eine Maut. 

Was gänzlich fehlt ist eine Finanzierungsperspektive für den gesamten Verkehrssektor. Die von uns vorgeschlagene fahrleistungsbezogene Pkw-Maut hat es nicht in den KoaV geschafft, obwohl auch Expert*innen aus Kreisen der Ampelkoalition wissen, dass in Zukunft an der Internalisierung der externen Kosten des individuellen motorisierten Verkehrs  kein Weg an vorbeiführt.  

MP8 Generelles Tempolimit 

Laut KoaV wird es in der aktuellen Legislatur kein generelles Tempolimit auf Autobahnen geben. Die Diskussion ist damit aber nicht beendet. Zum einen bestätigen Umfragen eine Mehrheit in der Bevölkerung für ein Tempolimit, dem das Bündnis um die Deutsche Umwelthilfe Nachdruck verleihen wird(vgl. Petition DUH https://www.duh.de/tempolimit/).  
Zum anderen ist es wahrscheinlich, dass der Verkehrssektor seine Reduktionsziele nicht erreichen wird. Dies könnte dazu führen, dass das Verkehrsministerium auf Grundlage des Klimaschutzgesetzes dazu gezwungen wird, wirksame Sofortmaßnahmen wie ein Tempolimit einzuführen. 

MP9 Abbau klimaschädlicher Subventionen 

Die künftige Regierung ist sich einig, dass der Abbau von klimaschädlichen Subventionen eine vordringliche Aufgabe ist: Wir wollen zusätzliche Haushaltspielräume dadurch gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen. (S. 162). 

Abgesehen von der Angleichung der Besteuerung von Benzin und Diesel gemäß europäischer Energierichtlinie findet sich aber wenig Konkretes. Und an der wenig zielführenden Subvention von E-Autos (Innovationsprämie) wird bis mindestens Ende 2022 festgehalten (S. 162).

Über die Einführung einer Kerosinsteuer möchte man nicht entscheiden, sondern wartet die Entwicklung auf EU-Ebene ab (S. 53). 

MP10 Verursachergerechte Preise: Steuer- und Umlagenreform 

Sehr gefreut hat es uns, dass es folgender Satz in den KoaV geschafft hat: 

Wir werden im Rahmen der Novellierung des Steuer-, Abgaben- und Umlagensystems die Förderung von Mieterstrom- und Quartierskonzepten vereinfachen und stärken. (S. 58) 

Ob diese Freude auch begründet ist, wird sich aber erst zeigen, wenn es mehr Details zu der angekündigten Steuer- und Umlagenreform gibt. 

MP11 Endproduktabgabe für Gütertransport-Emissionen 

Von dem sehr konkreten Vorstoß die Transportemissionen in Form von einer Endproduktabgabe sofort auf Produkte aufzuschlagen findet sich leider nichts im KoaV. Es bleibt abzuwarten, was sich hinter dem Klimaschutz-Sofortprogramm verbirgt, das an vielen Stellen erwähnt wird und noch 2022 kommen soll (S. 55).  Diese Endproduktabgabe würde sich auf jeden Fall anbieten, da die Bemessungsgrundlage für eine solche Abgabe sehr leicht zu ermitteln ist und die notwendigen Daten ohnehin bereits von den Logistikdienstleistern erhoben werden. 

MP12 Treibhausgase in der Industrie reduzieren: CO2-Mindestpreise, Grenzausgleich und Differenzverträge 

Ein weiterer Erfolg ist die Anerkennung von Differenzverträgen als zentrales Instrument für die Transformation der deutschen Industrie. Um unsere heimische Industrie, insbesondere die Grundstoffindustrie, zu unterstützen, werden wir in dem für die Erreichung der Klimaziele ausreichendem Maße geeignete Instrumente schaffen, beispielsweise Carbon Contracts for Difference (Klimaverträge, CCfD), um so auch insbesondere die Wirtschaftlichkeitslücke zu schließen. (S. 25) 

Des Weiteren ist man sich bewusst, dass es durch den steigenden CO2-Preis zu Marktverzerrungen ggü. dem internationalen Wettbewerb kommen kann und man darauf reagieren muss: Wir unterstützen die Einführung eines europaweit wirksamen CO2-Grenzausgleichsmechanismus oder vergleichbar wirksame Instrumente. (S. 25) 

Die EEG-Umlage auf den Strompreis wird abgeschafft: Um[…] wettbewerbsfähige Energiepreise zu sorgen, werden wir die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis beenden. […] Die Finanzierung übernimmt der EKF (Energie- und Klimafonds), der aus den Einnahmen der Emissionshandelssysteme (BEHG und ETS) und einem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt gespeist wird. (S.62) 

Die Reform des BEHG und EU-ETS soll angegangen werden: Wir wollen den europäischen Emissionshandel und das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) im Sinne des EU-Programms „Fit for 55“ überarbeiten. Wir setzen auf einen steigenden CO2-Preis als wichtiges Instrument, verbunden mit einem starken sozialen Ausgleich und werden dabei insbesondere Menschen mit geringeren Einkommen unterstützen. Was gut ist fürs Klima, wird günstiger – was schlecht ist, teurer. (S. 62) 

Des Weiteren will man sich für einen Mindestpreis für CO2 auf EU-Ebene einsetzen und falls das nicht klappt mit nationalen Maßnahmen für einen Mindestpreis sorgen: Sollte die Entwicklung der nächsten Jahre anders verlaufen und die Europäische Union sich nicht auf einen ETS-Mindestpreis verständigt haben, werden wir über die entsprechenden nationalen Maßnahmen entscheiden (wie z. B. Zertifikatlöschung oder Mindestpreis etc.), damit der CO2-Preis langfristig nicht unter 60 Euro/Tonne fällt. (S. 63). 

MP13 Strompreise regional, netzdienlich und verursachergerecht 

Im Zuge des Ausbaus der Erneuerbaren Energien werden wir ein neues Strommarktdesign erarbeiten.  (S. 61) Die Intention ist wichtig und richtig, mit Details ist man aber zurückhaltend. Daher ist es schwierig die Tragweite dieser Aussage zu bewerten. Zumindest wird erwähnt, dass der Neubau von H2-fähigen Gaskraftwerken und das Lastenmanagement eine Rolle spielen soll.  

Positiv ist auch zu werten, dass die Bürger-Energie als wichtiges Element der Energiewende anerkannt wird und gefördert werden soll:  Im Rahmen des europarechtlich Möglichen werden wir die Rahmenbedingungen für die Bürger-Energie verbessern (Energy Sharing, Prüfung eines Fonds, der die Risiken absichert) und insgesamt die De-minimis- Regelungen als Beitrag zum Bürokratieabbau ausschöpfen. (S. 58) 

MP14 Energieleitpläne für mehr Energieeffizienz in jeder Gemeinde 

Die Erkenntnis, dass man Strom und Wärme zusammen denken muss und man das am besten durch verpflichtende Energieleitpläne für alle Kommunen anregt, hat sich bislang leider nicht durchgesetzt. In dem KoaV findet sich lediglich eine Aussage zu Wärmeleitplänen. Wir werden uns für eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung und den Ausbau der Wärmenetze einsetzen. (S. 58) 

MP15 Umbau des Erdgasnetzes in ein „Grünes“ Wasserstoffnetz 

Die Absicht schnell in eine Wasserstoffwirtschaft einzusteigen ist nachvollziehbar, aber es kommt stark auf die richtige Ausgestaltung des Weges dahin an. Die künftige Bundesregierung scheint auch klimaschädlichen Wasserstoff fördern zu wollen: Für einen schnellen Hochlauf und bis zu einer günstigen Versorgung mit grünem Wasserstoff setzen wir auf eine technologieoffene Ausgestaltung der Wasserstoffregulatorik. (S. 59). 

Eine Wasserstoffproduktion und ihre Nutzung muss immer zu mehr Emissionsminderung führen, als zu ihrer Produktion emittiert werden. Zusätzlicher Strombedarf darf nicht mit den Emissionsfaktoren des zeitgleichen deutschen „Strommix“ bewertet werden, sondern mit dem jeweils gleichzeitig zusätzlich betriebenen Kraftwerk zur Abdeckung der sich zum Zeitpunkt des Bedarfs erhöhenden Residuallast (Verbrauch vor Ort abzüglich des Erneuerbaren Anteils). (vgl. frontier economics 2021). 

MP16 Tierwohl- und Emissionsabgabe, klimaschonende Landnutzung 

Eine kombinierte Tierwohl- und Emissionsabgabe, in der von uns vorgeschlagenen Form wird nicht kommen. Dennoch wird ein finanzieller Mechanismus angedeutet, der für mehr Tierwohl sorgen und von den betroffenen Marktteilnehmer*innen getragen werden soll. 

Wir wollen die Landwirte dabei unterstützen, die Nutztierhaltung in Deutschland artgerecht umzubauen. Dafür streben wir an, ein durch Marktteilnehmer getragenes finanzielles System zu entwickeln, mit dessen Einnahmen zweckgebunden die laufenden Kosten landwirtschaftlicher Betriebe ausgeglichen und Investitionen gefördert werden ohne den Handel bürokratisch zu belasten. (S. 43) 

Wir freuen uns, dass eine Nationale Moorschutzstrategie in Planung ist: Wir werden die Umsetzung von Moorschutzmaßnahmen durch einen partizipativen Prozess zur Erarbeitung nachhaltiger Entwicklungskonzepte begleiten, Perspektiven für die Regionen entwickeln und alternative Bewirtschaftungsformen stärken (u. a. Paludikulturen). (S. 38). 

Und auch, dass wir dem Verbot von torfhaltigen Produkten näherkommen: Wir werden Alternativen zur Torfnutzung entwickeln und beschließen einen Ausstiegsplan für Torfabbau und -verwendung. (S. 38). 

Eine präzise Forderung und zwar, dass Ackerfläche, die mit PV überdacht ist genauso mit EU-Mitteln aus der GAP (Gemeinsame Agrarpolitik) zu fördern ist wie PV-lose Ackerfläche, sehen wir eingelöst: Auch innovative Solarenergie wie Agri- und Floating-PV werden wir stärken und die Ko-Nutzung ermöglichen. (S. 56) 

MP17 Bioökonomie: Nachwachsende statt fossile Rohstoffe? 

Der Begriff Bioökonomie findet sich genau einmal im KoaV im Abschnitt “Startup-, Gründungs und Innovationsförderung”, es wird aber nicht näher darauf eingegangen. Auf die Voraussetzungen (weniger Tierbestand und Fleischkonsum) für eine Bioökonomie, die auf nachwachsende Rohstoffe von Flächen angewiesen ist wird nicht hingewiesen. 

MP18 “Negative Emissionen“: Natürliche und künstliche Kohlenstoffsenken 

Angekündigt wurde eine “Langfriststrategie” zum Thema unvermeidbare Restemissionen und Negativemissionen. Leider ist weder ein Zeitplan genannt, noch ein Ansatz zur Finanzierung. Außerdem gibt es ein “klares Bekenntnis” zu technischen Negativemissionen, die i.d.R. mit einem hohen Energieverbrauch und/oder Risiko verbunden sind. (S. 65). 

MP19 Weltweite Koalitionen für Klimaschutz mit einheitlichen Standards 

Die internationale Kooperation spielt für die nächste Regierung anscheinend eine große Rolle. So gibt es ein Bekenntnis, die zugesagte Finanzhilfe i.H.v. 0.7% des BNE (Bruttonationaleinkommens) für die Klimafinanzierung in Entwicklungsländern aufzubringen (S. 150). 
Außerdem strebt sie die Gründung eines Klimaclubs an: 
Wir nutzen die Europäische Union und die internationalen Gremien gemeinsam mit europäischen Partnern für eine Initiative zur Gründung eines für alle Staaten offenen internationalen Klimaclubs mit einem einheitlichen CO2-Mindestpreis und einem gemeinsamen CO2-Grenzausgleich.. (S. 26)  

“klimaneutral” –  Richtig rechnen und bilanzieren! 

Sicherlich gibt es in dem Koalitionsvertrag viele Anknüpfungspunkte für konkrete Klimaschutzmaßnahmen. Es bleibt an vielen Stellen (Mobilität, Landwirtschaft, Industrie, usw.) unklar, was genau mit dem Begriff der Klimaneutralität gemeint ist. Wie werden Treibhausgasemissionen wissenschaftlich begründet bilanziert, um die Klimaziele nicht nur auf dem Papier zu erreichen? Das zu klären ist Voraussetzung, um die anstehenden Herausforderungen gemeinsam zu lösen. 

Wie werden die Maßnahmen im KoaV finanziert? 

Es wird im KoaV an sehr vielen Stellen von Förderung, finanzieller Hilfe, Stärkung, etc. gesprochen, auf der Einnahmenseite fehlen jedoch Perspektiven, da man sich durch den kategorischen Ausschluss von neuen Steuern bzw. Steuererhöhungen stark einschränkt. Letztlich bleiben auf der Einnahmenseite nur der Abbau der klimaschädlichen Subventionen, der nur unzureichend beschrieben ist, die Mehreinnahmen durch die Cannabis-Legalisierung (bis zu 4,7 Mrd Euro, Haucamp 2021) und die Ausgabe von “Greenbonds”. Ob das für die anstehenden Aufgaben ausreicht, ist dabei mehr als fraglich.  

Nichtdestotrotz sehen wir das vorliegende Dokument als Einladung für den weiteren Dialog mit den Mitgliedern des deutschen Bundestags mit dem Ziel mehr ökologische Gesetzesinitiativen auf den Weg zu bringen. Sprechen Sie die Abgeordneten Ihres Vertrauen an! 

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